Verfasst von: kosta232 | September 7, 2010

Bolivien geniesen

Es geht berab:

Servus,

Wie im letzten Eintrag erwaehnt habe ich es nach Bolivien geschafft und eine Gruppe von Italienern getroffen nachdem ich wieder auf dem Weg nach La Paz war. Es stellte sich heraus, dass es 8 Personen mit Supportfahrzeug sind und in vier Wochen von Quito nach Antofagasta machen. (alles touristische inklusive). Ich hab mit ihnen einen ganz netten Abend verbracht, allerdings war dann die Sprachverwirrung echt komplett. Es ging noch einigermassen beim Essen meine Italienischreste zusammenzukratzen, aber die naechsten Tage hab ich immer wieder bei Tankstellen oder Hotels auf Italienisch angefangen. Eigentlich echt schade, dass ich die schoenere Sprache mit der Duemmeren ueberdeckt habe.

Naja, wir haben uns dann fuer den naechsten Tag in Challapata verabredet, aber sie sind nie gekommen. Ich hab lange in der Stadt gewartet aber es ist nie jemand aufgetaucht. Nicht schlimm, ich wollte danach sowieso eine andere Route als sie einschlagen.

Hier ein schoenes Schild aus Oruro („wenn das der Fuehrer wuesste“)

Der Weg von La Paz nach Sueden war dabei ziemlich bescheiden, hoch, kalt, ohne interessante Landschaft und immer gerade aus. Das sollte sich am naechsten Tag schlagartig aendern:

(ich weiss, ich weiss, aber ich komme wieder in schoenere Landschaften, also macht euch auf mehr gefasst…)
Die Strasse wurde endlich kurvig, gut ausgebaut und fuehrte durch sehenswerte Landschaft.

An dem Tag bin ich bis nach Sucre durchgefahren. Sucre ist eine tolle Stadt, schoen gelegen in einem Tal auf nur 2700 Meter, also schoen warm, und das gesamte Zentrum ist im kolonialen Stil weiss gestrichen.

Hier wollte ich einen Tag Pause machen, um mich wieder aufzuwaermen, aber aus dem einen sind schnell drei Tage geworden. Ich hab ein tolles Hotel gefunden: Ordentliche Zimmer mit Bad, schoener Innenhof mit Blumen und Sitzmoeglichkeiten zum Lesen, ordentliche Kueche und das alles ohne Backpackermief.

Die Stadt hatte wieder diese entspannte Geschaeftigkeit, die mir schon in La Paz so gut gefallen hat. Es ist also viel los auf der Strasse aber es ist nie belastend.
Ausserdem hat Sucre auch einen schoenen Markt, wo ich meinen persoenlichen „Happyplace“ gefunden habe:

Bei Preisen von ca. 30 Cent pro frisch gemachten Saft hab ich da taeglich mehrmals vorbeigeschaut.

In Sucre habe ich auch Henny kennengelernt, eine Civ-Ing. aus Holland. Ich treffe zzt irgendwie ziemlich viele allein reisende Menschen die schon die ersten Berufsjahre hinter sich haben und meist nicht unzufrieden aber selten euphorisch sind. Faellt mir aber vermutlich nur deshalb auf, weil ich selbst zzt viel an Deutschland und die Zeit, die nach dem Studium kommt, denke.

Hier habe ich dann auch noch einen fixen Oelwechsel gemacht. Unglaublich billig ist das Oel. Hab fuer 3L nur knapp 12 Euro gezahlt. Dabei wars Markenoel. Jetzt tropft die olle XT auch nicht mehr.

Schoen war, hier die Moeglichkeit gehabt zu haben mal wieder ins „Kino“ zu gehen. Eine Bar an der Plaza hat jeden Abend einen anderen Film gezeigt. Am ersten Abend hab ich „Trainspotting“ gesehen, wobei ich den Fehler gemacht habe, waehrend dessen versucht zu haben etwas zu essen.
Am zweiten Abend wurde „The Devil`s Miner“ gezeigt, ein Film ueber die Zustaende in den Minen bei Potosi. Ein sehr guter Film, dem ich jedem empfehlen kann, der sehen will, wo ich zzt bin (und wie es den Arbeitern hier geht). Sehr gut vor allem, weil er unaufgeregt und ruhig berichtet. (ok, ok, die Hauptpersonen sind Kinder in Minen, aber es geht trotzdem)

Nach Sucre und der dortigen Entspannung hatte ich ueberhaupt keine Lust wieder aufs Mopped zu steigen und ins hoeher gelegene, weniger schoene, kalte Potosi zu fahren. Aber, ich war wirklich ueberrascht, selbst Potosi, eine Minenstadt, um die ich sonst eher Umwege mache, ist wirklich ansprechend. Bis auf ein paar Gebaeude am Hauptplatz nicht unbedingt schoen, aber dennoch eine Stadt in der ich mich wohl gefuehlt habe. Leider hatte ich im Hotel ein sehr kaltes Zimmer erwischt, weshalb ich dann den Aufenthalt nicht besonders geniesen konnte. Duschen gabs auch keine.
Hier hab ich mich mal wieder unter Touristen gemischt und mir eine Mine angesehen. Vielleicht ganz kurz was zur Geschichte: Die zuvor staatlichen Minen sind nach einem Fall der Preise in den Achtzigern und folgenden Entlassungen von 120.000 Minenarbeitern in private Hand uebergegangen. Seit dem arbeiten die Menschen in sogenannten „Kooperationen“ in denen sie einfach den Gewinn, den sie mit der Mine erwirtschaften, unter sich aufteilen. Ob der Staat noch eine Scheibe abbekommt, weiss ich nicht.
Zu Beginn der Tour hat man sich den Arbeitermarkt angesehen, wo es Coca und Dynamit zu kaufen gab. Danach gings in die Mine, wo noch mit Lore und Schubkarre das Gestein aus dem Berg gefahren wird. Die fortschrittlicheren Minen haben pneumatische Werkzeuge und manche sogar ne elektrische Winde… manche aber auch nicht:

Fuer jede Mine gibt es dann noch einen Teufel, den man immer gluecklich stimmen sollte mit Abgaben. Ich werd jetzt hier nicht jeden Mythos erklaeren, schauts euch einfach den Film an.

Die letzte Nacht wurde in Potosi noch mal richtig kalt und als ich aufgewacht bin lag ueber der ganzen Stadt ne Schneedecke. Prima.
Das Wetter und der Schnee haben es sogar in die bolivianischen Nachrichten geschafft. Mit der Hoffnung im 300 m tiefer liegenden Uyuni andere Bedingungen vorzufinden, bin ich dann trotzdem los. Wieder sehr frueh, um die noetigen Zeitreserven zu haben. Inzwischen frage ich mich ob das wirklich so clever ist: Meist hat noch nichts offen, so dass das Fruehstueck auf einen Schluck Wasser aus meiner Flasche begrenzt ist und ich komme schon gegen Mittag, wenn es erst anfaengt warm zu werden an.

In Potosi hatte ich mit dem Fruehstueck Glueck und habe eine Frau auf der Plaza getroffen die Tee verkauft hat. Also nix wie hin und unter Minenarbeiter gemischt. Ich weiss bis heute nicht was ich wirklich getrunken habe. Vorweg gab es ein Schnappsglas mit klarer Fluessigkeit, dem Geschmack nach seehr gesund und hinten nach eine gruen-braune Fluessigkeit die die gute Dame wie eine routinierte Bartenderin aus fuenf alten Jack-Daniels Flaschen zusammengemixt hat. Das ganze noch aufgefuellt mit Cocatee und fertig ist der Minencoctail. Hat mir im uebrigen nicht geschadet.

Uyuni selbst ist keine allzuschoene aber ziemlich teure Stadt. Einen Tag habe ich mir die Zeit genommen den Zugfriedhof und den Salar, den hoechsten, groessten, …(Platz fuer beliebige Superlative) Salzsee der Welt zu sehen.

Auf dem Zugfriefhof soll auch ein Zug zu sehen sein, den Butch Cassidy und Sundance Kid ueberfallen haben. Naja. Mich hat es nicht wirklich doch vom Hocker gehaun.

Der Salar war da schon viel beeindruckender.

Ich weiss nicht, ob es daran liegt, dass ich nicht mehr viel Zeit hier habe, oder daran, dass ich ein sehr konkretes Ziel vor Augen habe, jedenfalls faellt mir das allein Reisen viel leichter als am Anfang. Ich habe vor kurzem auch mal wieder mein eigenes Tagebuch gelesen und kann wirklich eine Steigerung feststellen. Natuerlich gibt es auch schlechtere Tage. In Uyuni sollte sich zum Beispiel das Alleinreisen in richtig koerperlichen Schmerz manifestieren.
Auf dem Salzsee, einer riesigen weissen Flaeche geht manchmal etwas das Gefuehl der dritten Dimension verloren. 1000 Bilder, die diesen Effekt nutzen kann man bestimmt bei Google finden. Ich wollte es natuerlich wieder etwas anders, besser und extremer machen und wollte eine Flugrolle ueber mein Motorrad fotografieren. Da ich nun aber allein unterwegs bin, musst ich das ganze mit dem Selbstausloeser timen, natuerlich hat das selbst nach 30-40 Anlaeufen nicht geklappt. Naja und dass Schulter und Huefte das Landen auf der Salzkruste allzu toll fanden ist nur verstaendlich. Auch die Haende haben was abbekommen, praktischerweise ist das Salz in der Wunde gleich mit drin. Inzwischen kann ich aber wieder normal gehen und den rechten Arm benutzen 🙂

Naja, ich habs dann irgendwann sein lassen. Statt dessen hab ich ein ganz cooles Video waehrend der Fahrt gedreht, aber ich finde kein I-net-Cafe bei dem das Hochladen funktioniert. Ich bin auch gaenzlich unbewandert was das Arbeiten mit Videos betrifft, also werde ich das fuer Deutschland lassen muessen. Es ist schon frustrierend… jeder 10-jaehrige stellt Videos bei YouTube rein, nur ich bin dazu nicht in der Lage bei meinem eigenen Blogg. Bin ich schon in dem Alter, in dem mich die Juengeren ueberfluegeln?

Nach Uyuni ging es dann wieder bergab nach Tupiza. Die Strecke war nicht allzulang und endlich mal wieder richtig schoenes Offroad: Zu Beginn, zum Abschied vom Altiplano, eine schnelle Passage auf grosser Hoehe (guter Belag nur mit etwas Querrillen und ab und zu Sandloechern) danach gings ins Tal von Tupiza mit wunderbarer Strecke.

Bolivien hat mir wirklich gut gefallen. Hier zu reisen ist wirklich billig, die Menschen entspannt und das Land schoen. Es ist fast ein wenig schade, dass ich es schon wieder verlassen muss. Der vollstaendigkeit halber muss ich auch noch sagen, dass ich nur das Hochland gesehen habe, das Tiefland, dass noch einmal ganz anders sein muss, habe ich, nach den Erfahrungen im Dschungel Perus, weggelassen.

Inzwischen bin ich nach ueber 22 000 km wieder in Argentinien. (350 km fehlen auf dem Tacho wegen dem Schlamassel mit der Tachowelle, ich muss mal schaun ob ich in Dtl einen Tuerken findet, der mir die Uhr nicht zurueck- sondern vordreht. Ich hoffe das verstoesst nicht gegen irgendeinen Berufsethos. Tuerken aus der Verwandschaft sind bei diesem rassistischen Witz natuerlich ausgenommen). Von Argentinien werde ich das naechste Mal erzaehlen, diesen Eintrag hat sich Bolivien allein verdient. Leicht hats das Land bei meinen idealisierten Vorstellungen bestimmt nicht. Aber soviel sei schon mal verraten, an meinem ersten Abend gabs erstmal ein richtig gutes, grosses Steak – was sonst.


Antworten

  1. Cool, wie schon im Chat gesagt, wusste ich gar nicht, dass die in Potosi immer noch graben. Vielleicht wird es im Film ja angesprochen, aber Potosi war DIE große (Silber-)Minenstadt schon im frühneuzeitliche-kolonialen Lateinamerika und maßgeblich für die enormen spanischen Silberimporte im 16. Jhd. verantwortlich. Ganz nebenbei lernte man dabei ein neues Phänomen kennen, das uns auch heute nicht fremd ist: die Inflation. (Ende historischer Grundkurs)

    Das Zitat von der schöneren und dümmeren Sprache wäre Skype-mood-message-würdig, ist aber leider zu lang und ohne Kontext nicht verständlich. Und deinen offensichtlichen Versuch, mein White Sands Sprungbild in Variation nachzustellen, lasse ich mal gänzlich unkommentiert… 🙂

  2. Also ich finde, das „Flug-Bild“ kann sich wirklich sehen lassen. Und dabei fehlen Dir die jahrelangen Trainingsstunden, die die anderen beiden jungen H-s zu Sprungwundern gemacht haben (bzw. es immer noch versuchen).
    Von hier gibt es nicht viel Neues zu berichten, und da Du keine Frau bist, wird Dich die Nachricht, dass ab kommenden Mo die Neuverfilmung der „3 Musketiere“ (inklusive Orlando Bloom) in Wü gedreht wird, auch nicht in verzücktes Seufzen versetzen.
    Genieß die letzte Zeit noch ordentlich!
    LG


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