Verfasst von: kosta232 | August 25, 2010

Erste Schritte in Bolivien

Servus,
Inzwischen habe ich meinen Tiefflug durch Suedamerika abgeschlossen und reise relativ entspannt durch Bolivien. Bevor ich euch aber davon schreibe, muesst ihr euch erst noch durch den Rest von Peru mit mir quaelen.
Also los gings von Huacachina nach Cusco auf einer perfekt asphaltierten Strasse, die in einem Motorradforum sogar als schoenste Strasse Suedamerikas vorgeschlagen wurde.

Schoen war, dass auf dieser Strecke noch mal alles an Klimazonen zu sehen war. Angefangen von Wueste zu Beginn, ueber karge Hochebenen bishin zu Taelern mit mehr Vegetation.
Auf dieser Strasse habe ich auch ein oesterreichisches Kamerateam getroffen, das einen Film ueber Motorradfahren in Peru macht, sie wollen mich mit einem kurzen Interview auch reinstecken. Die Armen hatten nur 5 Wochen und ein ordentlicher Teil ging fuer den Import des Bikes drauf. Bin mal gespannt auf den Film und ich hab ihnen fuers naechste Mal die Villa Kunterbund fuer den Zoll empfohlen.

Die oben genannte Strasse fing in Nasca an. In Nasca befinden sich diese Linien auf dem Boden, leider aber konnte man vom Turm aus nicht allzuviel entdecken.

Vielleicht ist es vom Flugzeug aus beeindruckender, aber die Linien, die ich gesehen habe, haben mich sehr enttaeuscht.

In Cusco konnte ich wieder in mein altes Hotel einchecken und jetzt auf dem Weg an Orten vorbei zu kommen, an denen man vor ein paar Monaten schon ein mal war, ist ganz schoen seltsam. Man vermisst die Zeit, die man damals noch hatte, als alles unbekannt war und vor allem Vorfreude herrschte. Mir fehlen auch die Menschen mit denen ich damals Kontakt hatte.
All das macht mir im Grunde klar, dass ich auf dem Rueckweg bin und, dass das hier alles nicht mehr allzu lang dauern wird.

In Cusco habe ich dann ein paar Hollaender getroffen, die schon in Quito unterkuehlt waren. Diesmal erklaert mir einer von ihnen, dass er sich nicht als Biker sieht und diese eigentlich auch gar nicht mag und sich nur ungern mit ihnen unterhaelt. Prima. […] (Platz fuer ein paar konventionelle Schimpfwoerter)
Auf jeden Fall hat es ihn aber nicht davon abgehalten in Jeffs Bar rumzuhaengen. Bloeder Penner. Dabei ist er auch XT-Fahrer…
Naja mit Jeff war es ganz nett, aber ziemlich das gleiche wie das letzte Mal als ich dort war. Es sitzen lauter Reisende (in dem Fall Maenner) um einen Tisch und statt sich gegenseitig zuzuhoeren erzaehlt jeder effektheischend seine Geschichten. Ziemlich anstrengend, aber ich kann ja nicht einfach zurueckstehen… wer hat ausserdem die besten Geschichten?

Einen Tag habe ich in Cusco Pause gemacht und mal wieder meinen Gepaecktraeger geschweisst. Das Ritzel der Kette habe ich auch gewechselt, die Kette selbst und das Kettenblatt sehen noch so gut aus, dass sie mich wenigstens noch nach Valpo bringen sollten. Lufi war natuerlich auch faellig.

Tags drauf gings dann weiter an den Titicacasee. Im Grunde eine weitere Enttaeuschung. Puno selbst, das touristische Zentrum auf peruanischer Seite ist superhaesslich.

Der Weg dorthin war allerdings recht schoen und ich konnte in paar Bilder machen:

Flamingos: (Ich muss das Bild so gross machen, sonst erkennt man bei den scheuen Biestern nix)

Zug zwischen Cusco und Puno (ueber 200 Euro fuer die 400km, wohl eher was fuer Nostalgiker)

Der See selbst ist ganz idyllisch an leeren Stellen und ich vermute, dass die Inseln mit ihrer andischen Kultur fuer Leute, die es interessiert, das eigentlich pralle sind. Mir wurde fuer ein Tag auch mehrfach Touren angeboten, aber ich habe dankend abgelehnt.

Um den Eindruck von Peru zum Schluss noch abzurunden hat ein Chinaimbiss versucht mich mit gebratenen Nudeln zu vergiften und ich lag einen ganzen Tag im Hotelzimmer auf der Nase (hatte zum Glueck Kabelfernsehen). Zum Chinesen gehe ich immer mal wieder, wenn ich kein Huehnchen mehr sehen kann und ich meine Dosis Glutamat brauche.

Ich will bevor ich jetzt zu Bolivien komme, noch ein paar Worte zu Peru sagen. In meinem Blogg ist es bisher nicht besonders gut weggekommen, das will ich so nicht ganz stehen lassen.
Es gibt vermutlich taeglich hundert Gruende sich hier aufzuregen. Schlechtes Essen, muerrische Menschen, scheiss Wetter an der Kueste und die grauenvollste Musik die ich bisher gehoert habe. Auch Ted Simon (vermutlich einer der ersten, der mit dem Motorrad die Welt umrundete) war deprimiert als er durch Peru musste. Aber er hat auch gesagt, dass man kriechen muss um die Welt kennenzulernen. Und vielleicht hat das bei mir einfach etwas gefehlt. Vielleicht haette ich ein positiveres Bild, wenn ich persoenlich mehr Peruaner kennengelernt haette. Vielleicht sind Tankwarte und Hoteliers einfach nicht die Positivauswahl.
Ich sage weiterhin dass Peru bisher am fordernsten war aber es war mit Sicherheit auch das Land, das am ehesten meine Vorstellungen von Abenteuer in Suedamerika bestaetigt hat. Die Reise hierher lohnt also auf jeden Fall, lasst euch von mir kein falsches Bild geben!
Ich glaube zu guter Letzt kommt es einfach auf eine offene Einstellung des Reisenden an. Mir hat es teilweise den ganzen Tag verdorben, wenn der Hotelbesitzer, der Bauer, mich um 0630 Uhr aus dem Bett haut oder wenn der Penner von der Tanke mir den Tank so voll macht (trotz Proteste), dass ich den Stutzen nicht mehr einschrauben kann weil er beim Geld auf ne Runde Summe kommen will. Naja verdorben ist das falsche Wort, aber es ist mir danach schwer gefallen am Verhalten der Menschen, die ich anschliessend getroffen habe etwas positives zu finden. An Peru kann man also wachsen.

So jetzt aber weiter: Ab nach Bolivien. Ueber die Wichtigkeit erster Eindruecke hab ich ja schon oefter geschrieben und Bolivien hat mich einfach beeindruckt und das schon 100 Meter nach der Grenze:

Schaue sich mal einer diesen vollendeten Leichtbau an! Was fuer eine Augenweide nach den Schlaechtern in Peru. Konsequent, unkonventionell und effizient. Geschaetzte 150 kg Fuehrerhaus werden durch 1,5 kg Helm ersetzt! Einfach Perfekt! Mit einem schoenen Kohlefaserhelm koennte man das Gewicht noch auf 900 gr druecken. Einfach Fantastisch! Ich haette nicht gedacht, dass ich aus Suedamerika sogar Impulse fuer die Uni in Deutschland mitnehmen koennte! Fett!

La Paz, meine erste Station, gefaellt mir sehr gut! Es ist zwar eine Grossstadt aber mit einer sehr entspannten Geschaeftigkeit. Es ist sehr viel los auf den Strassen und ich weiss noch nicht was genau den Unterschied ausmacht, aber ich fuehle mich hier sehr wohl. Es ist auch ein schoener Mix aus funktionellen und schoenen Gebaeuden. Ich meine hier auch mehr lachende und schoenere Menschen zu sehen.

Von La Paz ging es dann ueber den Pass „La Cumbre“ auf die alte Strasse nach Coroico, auch bekannt als „Ruta de la Muerte“

La Cumbre (47xx Meter):

Die Strasse war lange beruechtigt, solange sich aller Verkehr ueber diese enge Trasse gewaelzt hat. Inzwischen, da es eine neue Asphaltstrasse gibt, sind die daemlichen Amateur-Downhillbiker die groesste Gefahr. Ich bin um 7 Uhr in La Paz los und hatte so die Strecke fuer mich allein. Die Strecke ist schoen gelegen, eine ordentliche Schotterpiste und gefaehrlich ist es nicht. Nur die Abgruende, die sich zur linken Seite auftun, beeindrucken.

Ich bin sonst von meinen Bildern etwas enttaeuscht, die Tiefe konnte ich einfach nicht einfangen und da ich allein unterwegs war gibts auch keine „Actionshots“.

Noerdlich von La Paz endet das Altiplano von Bolivien und das Tiefland beginnt nach ein paar Kilometern. Der „Hang“ zwischen Altiplano und Tiefland ist landschaftlich sehr beeindruckend, hohe Berge mit steilen Haengen und ueppiger Vegetation.
Nach dem beruehmten Strassenabschnitt bin ich etwas weiter ins untouristische Hinterland nach Chulumani, um dort zu uebernachten. Gerade am dem Tag sollte ein 10-taegiges Dorffest beginnen. Na dann mal nix wie rein in die Massen … auf der XT.
Lustigerweise stoert es hier gar keinen wenn ich durch die Menschen und Buden pfluege. Manchmal konnte ich mich auch einfach an ein Polizeimotorrad anhaengen.
Was sich hier nach einer tollen Moeglichkeit anhoert um sich mit der Folklore hier zu beschaeftigen ist eher ein unangenehmes Schauspiel: Massenbesaeufnisse und oeffentliches Urinieren bis sich Baeche zwischen den Muellbergen in den Gassen bilden.

Hier hat auch meine Kette aerger gemacht: die zwei Glieder, die ich in Valparaiso von einer alten Kette einfuegen musste waren ziemlich ausgeleiert und das Kettenschloss lose.
Am naechsten Tag bin ich los einen nuechternen Mechniker zu finden, weil ich kein Werkzeug habe um die Bolzen auf der Kette zu haemmern. Ich habe damals in Valparaiso noch weitere Glieder mitgenommen, hatte damit Ersatz bei der Hand. Der einzige, den ich gefunden habe war ein 8-jaehriger Knirps, der ziemlich Selbstbewusst mit meiner Kette verschwinden wollte. Ich hinterher – und ich finde ihn in einer „Werkstatt“ wieder. Im Grunde lagen nur 2 zerlegte Motorraeder auf dem Boden rum. Das riesige „Honda“-Schild draussen hatte etwas anderes erwarten lassen…
Naja, ich bin mir sicher, dass der Kerl weder schreiben noch lesen konnte, aber an der Kette hat er wunderbare Arbeit geleistet. Die Schritte, die mir wichtig waren, habe ich selbst gemacht, aber ansonsten konnte er wirklich gut mit dem Hammer an der Kette umgehen.
Jedenfalls sind jetzt neue „alte Glieder“ an der Kette und sie laeuft wieder wie geschmiert.

(fuer die, die langsam vergessen wie ich aussehe)

Von diesem Dorf aus hatte ich die Wahl entweder weiter ueber kleine Wege ca. 300 km nach Cochabamba zu fahren oder erstmal zurueck nach La Paz und von dort aus neu los. Im Nachhinein verstehe ich was wirklich zur Auswahl stand: Entweder mutig ins Abenteuer (kaum Doerfer, schlechte Strassen und keine offizielle Tankstelle, mind. eine Uebernachtung bei 30km/h Schnitt) oder entspannt geniessen (Rueckweg nach La Paz kalkulierbar, Benzin kein Problem und Uebernachtung bekannt). Bisher habe ich mich meist fuer die erste Variante entschieden und wenn schon keinen Spass waehrend der Fahrt doch wenigstens Genugtuung danach empfunden. Diesmal habe ich mich fuer die 2. Loesung entschieden und festgestellt wie gut es mir dabei ging.
Ich weiss nicht, wie es anderen allein fahrenden geht, aber ich habe oft ganz einfach Angst vor schwierigen Etappen (unbekannte Strassen, lange und hohe Paesse, unklare Versorgungslage). Schon zu zweit, auf einem oder zwei Motorraedern, geht es mir nicht mehr so. Aber im Moment fuehle ich mich, obwohl ich vermutlich mehr „Spass“ hatte als bei der Schinderei, als haette ich vor einer Herausforderung den Schwanz eingekniffen.
Ich bin mir nicht sicher, wie ich das richtig bewerten soll. Vor allem da diese Angst etwas ist, was trotz der Erfahrung, die ich inzwischen gesammelt habe, nicht verschwindet oder sich aendert. Ted Simon (s.o.) beschreibt es, wenn ich mich richtig erinnere, waehrend seiner Afrikafahrt, als eine Dunkle Wolke die ihn immer begleitet. Ich finde die Beschreibung passt ganz gut, weil diese Wolke einfach vernebelt und nicht geniesen und entspannen laesst.

(ich mag dieses Bild sehr, weil es irgendwie gut die Atmosphaere beim Reisen ueber abgelegene Strassen einfaengt. Ich glaube von genau solchen Orten, die hier selbstverstaendlich sind, sollte ich Bilder machen statt von noch mehr Bergen)

Auf dem Rueckweg, der mich wegen der engen Wege MIT LKWs zum Schwitzen gebracht hat, hat mich der Zufall aber belohnt und ich bin auf eine Gruppe Italiener (mind. 7 mit 6 Moppeds) gestossen, mit denen ich mich heut abend treffen und evtl die naechsten Tage weiter nach Sueden fahren will. Ich wuerde mich freuen, wenn ich den Salar de Uyuni in Begleitung machen koennte.


Antworten

  1. Kommt ein bissl spät dieser Kommentar, ich weiß, aber ich bin ganz doll beeindruckt von dem Eintrag. Nicht nur wegen der „Dunklen Wolke“, sondern weil Du vieles mehr von innen her beschreibst als am Anfang. So erleben wir Leser die Reise intensiver- wie ein gut geschriebenes Buch.


Hinterlasse einen Kommentar

Kategorien