Verfasst von: kosta232 | Juli 14, 2010

Ziel erreicht – Cartagena

Servus Leser,
ungewohnt schnell melden wir uns wieder von unserer Reise, aber wir haben ein fuer mich wichtiges Ziel erreicht: Cartagena. Am Anfang mehr als Schnappsidee als Ziel angegeben (aufmerksame Leser haben die Markierung auf meiner Routenkarte schon von Anfang an sehen koennen), zwischendrin als Durchhalteparole ausgegeben und inzwischen ein ganz reales, erreichtes Ziel meiner Reise.

Von hier aus geht es nun wieder zurueck. Aber mal wieder eins nach dem anderen.
Nach dem letzten Eintrag haben wir es uns in San Gil noch gut gehen lassen.
Julius hat mich vor ein paar Wochen auch gebeten mal etwas auf die kulinarischen Besonderheiten einzugehen. Grundsaetzlich ernaehre ich mich in den guenstigen Lokalen und von belegten Broetchen. Lokale Spezialitaeten findet man aber zumeist erst in der oberen Preisklasse (z.B. Meerschweinchen in Peru) daher habe ich bisher nicht viel in dieser Hinsicht zu bieten gehabt.
(Ausser es interessiert irgendeinen den Unterschied zwischen dem Mitteleuropaeischen und dem Suedamerikanischen (Brat-)Haehnchen)
In San Gil gab es auf jeden Fall eine Besonderheit: geroestete Flugameisen. Der erste Versuch hat etwas Ueberwindung gekostet, der Geschmack aber war so etwas zwischen Haselnuss und Mais. (Fotos gibts heut weniger, Begruendung kommt noch.)
Den Tag der Abfahrt haben wir noch in einem sehr schoenen Park zugebracht. Neben Aras (diese bunten Papageien), der Blueten- und Pflanzenwelt, hat vor allem das feuchte Klima im Wald einen Eindruck hinterlassen. Man ist von einer heissen trockenen Strasse zehn Meter in den Park gegangen und hat sich in einem voellig anderen Klima wiedergefunden.
Der weitere Weg nach Norden war dann zunaechst noch ein echtes Erlebnis. Die Strasse schlaengelt sich wirklich beeindruckend durch die Taeler bis man dann etwa 100 km Aguachica auf Meereshoehe ankommt und die Strasse nur noch geradeaus geht.
Die naechste Station war dann Santa Marta, der noerdlichste Punkt meiner Reise:
Santa Marta ist keine schoene Stadt, ganz sicher nicht auf den ersten Blick. Hinter der Promenade, die mit Betonbauten gesaeumt ist, ist eine mittelgrosse Innenstadt die keinerlei Athmosphaere vermittelt. Es gibt zwar den ein oder anderen schoenen Platz, aber der ist dann nicht leicht zu finden.
Ein weiterer Nachteil ist das Wetter in Santa Marta, massive Regenguesse ueberschwemmen taeglich die Stadt und spuelen alles was man nicht sehen will auf die Strasse. Diese Guesse erfolgen jeden Nachmittag.
Grund dafuer ist das Gebirge direkt an der Kueste mit ueber 5000 m Hoehe. Das gesamte Massiv ist ein Nationalpark und soll sehr sehenswert sein. Leider sind (gefuehrte) Touren mal wieder so unsinnig teuer, dass sie weit ausserhalb unseres Budges liegen (200 Euro fuer 6 Tage, pro Nase)
Uns hat am besten ein anderer Nationalpark gefallen (Tyrona) der den gesamten Kuestenabschnitt im Osten Santa Martas unter Schutz stellt.

Die dortigen Straende entsprechen schon so ziemlich dem, was man sich unter „Karibischen Traumstrand“ vorstellt. Den ersten Tag den wir dort verbracht haben haben wir in einem unfreiwilligen Bad beendet. Durch die bereits erwaehnten Regenguesse verwandelte sich der Feldweg zum Strand in einen Flusslauf mit Schlammabschnitten und die Stadt in die beschriebene Kloake.
Das Wasser stand dabei so hoch in den Gassen, dass ich Kristin bitten musste abzusteigen um den Lufteinlass der XT, der direkt unter meinem Hintern sitzt etwas hoeher zu bekommen.
Kristin moechte an dieser Stelle besonders auf ihr hartes Schicksal hinweisen, dass sie durch diesen Dreck waten musste. Sie wollte es sogar richtig gruendlich ausprobieren und hat sich einmal koplett unter die Wasserlinie begeben. (Kristin findet die Schilderung nicht tragisch genug!) Auf jeden Fall ist sie fuer ne Weile in einem Loch in der Strasse verschwunden.
Naja, mein armes Bike hat danach auch ganz schoen gestunken.
Mitunter war die Stroemung in den Strassen wirklich krass und wir waren beide froh als wir danach endlich unter der Dusche standen.

Im folgenden Bild ist meine schoene XT im vollen Regen am Strand zu sehen. Auf jeden Fall als Poster vorgemerkt: (Bei WordPress kommen meine Bilder immer so dunkel rueber, das original ist heller und besser zu erkennen)

Der zweite Besuch des Strandes sollte nicht weniger ereignisreich werden. Zuerst hat mich Kristin auf der XT die letzten Kilometer zum Strand gefahren (sie ist wirklich talentiert auf dem Motorrad!) und dann hat sie (vor lauter Adrinalin?) meinen Memorystick der Digicam im Meer versenkt! Mit 4 GB. Mhm.
Naja. Jetzt kennt ihr auch den Grund warum es in diesem Beitrag weniger Bilder gibt.

Was mich sehr freut, ist dass wir mit dem Reisen immer besser zurecht kommen. Die Etappen auf dem Motorrad werden laenger und die Probleme auf menschlicher Seite (Helmdruecken, Rueckenschmerzen etc.) werden weniger.
An einer Station die normalerweise Lastwagen wiegt, haben wir unser Gewicht dann mal auf dem Motorrad mit Sack und Pack ermitteln lassen. 400 (!) kg. Das sind immerhin 50 kg ueber der technisch zugelassenen Hoechstgrenze.
Neben einem schmerzenden Hintern am Abend vom geringeren Federungscomfort, protestiert auch meine Kette: Die obere Rolle, ueber die sie beim starken Einfedern abrollt, ist mir auf dem Weg nach Santa Marta entgegen gebroeselt. Ohne dieses Rad schlaegt die schwingende Kette an die angeschweiste Huelse, auf die eigentlich die Rolle gehoert, und fraest lautstark Material weg.
Ich hab sogar das Ersatzteil, habe es aber in Quito hinterlegt, um Gewicht zu sparen! Verschiedene provisorische Reparaturen aus Schlaeuchen haben schon den Geist aufgegeben.
Hier in Cartagena habe ich mir drei dicke Rollen aus verstaerktem Kautschuk besorgt, ich hoffe die halten bis wir wieder in Bogota sind. Aber dafuer ist nach der ganzen Abrasion jetzt die Kette wieder schoen sauber.

Der Abschied aus Santa Marta fiel nicht allzu schwer und die Vorfreude auf das beruehmte Cartagena war gross.
Cartagena ist richtig richtig fett. Eine wirklich tolle Stadt die haelt was mancher Fuehrer verspricht.

Viele koloniale Bauten, eine insgesamt wirklich beeindruckende Innenstadt und ein, zwei tolle Plaetze mit Sicht aufs Meer machen es einfach hier Zeit zu verbringen.

Natuerlich hat man hier wieder viele Touristen aber es ist eben alles ein Kompromiss.
Das erreichen meines Zieles haben wir in einem schoenen Cafe auf der Befestigung der Stadt mit Blick zum Meer gefeiert.
Coctails im Preisrahmen einer Uebernachtung waren zum Anstossen grad gut genug und ich freue mich besonders dass ich diesen Moment nicht allein erlebe!
Ein krasser Kontrast zu der Altstadt sind die modernen Hochhaeuser um Cartagena herum. Aufgereiht am Strand bilden sie eine beeindruckende Kulisse fuer Kristin, die hier ihren Spass mit dem Kanonenrohr hat.

Wir werden heute noch hier verbringen und dann morgen wieder Richtung Sueden schwenken. Das Dumme am Erreichen des Ziels ist, dass man sich danach wieder aufmachen und zurueck muss.

Ich habe in den letzten Tagen auch mal Kristin alle meine Fotos gezeigt. Unglaublich wie sehr die Bilder den typischen MotorradReise-Fernweh-Bildern entsprechen. Fette Landschaften und tolle Strassen (und es sind nunmal die Landschaften und Strassen warum ich hier bin!). Zwei Dinge haben sie bei mir ausgeloest:

Erstens, durch die krasse Fuelle von Dingen die man erlebt und gesehen hat kommt einem die Zeit viel laenger vor. Unvorstellbar das alles in drei Monaten erlebt zu haben! Durch dieses gedehnte Zeitgefuehl und dem Wissen nur noch zweieinhalb Monate vor mir zu haben, kommt es mir vor als wuerde ich schon fast uebermorgen wieder nach Hause fliegen.
Das andere Gefuehl das mich ueberkam war eine krasse Sehnsucht nach Argentinien.
Naja auf jeden Fall jetzt hier einmal ein paar Gedanken zusammengetragen die zu einem Fazit gehoeren.

– Argentinien war bisher das beste Motorradland: Tolles Wetter, fantastische Strassen (wo Off-Road fuer Vergnuegen und nicht fuer Schinderei steht), richtig gutes Essen und ganz wichtig: entspannte Leute die freundlich und nicht zu neugierig sind.

– Gerade jetzt, da ich durch Kristin eine ganz andere Art des Reisens kennenlerne, kann ich sagen, dass die groesste Befriedigung beim Alleinreisen durch das Bewaeltigen von aussergewoehnlichen Etappen kam. Und dieses Gefuehl werde ich wieder suchen, wenn ich wieder allein sein werde. Eines ist sicher: Die Etappe in der Wueste in Chile, ueber die ich geschrieben habe, werde ich nochmals angehen! Den Sand werde ich noch mal unter meine Stollen zwingen!!

– Ich werde mit Suedamerika in dieser Reise nicht abschliessen koennen (was ne Ueberraschung). Irgendwann wuerde ich gern einmal den Suedteil besuchen: Suedchile und Patagonien. Aber das laesst sich vermutlich in einem viel kleineren Zeitrahmen erledigen lassen. Und wann es wirklich so weit sein wird, das weiss ich eh noch nicht. Ich hoffe dass ich auf der Rueckfahrt noch Bolivien durchfahren kann, sonst landet das auch noch auf der to-do-liste

– …
( hier wuerde ich gern noch einen Punkt anschliessen warum ich Nordargentinien so toll finde, aber eigentlich ist alles gesagt)

– ungefaehr 650 Liter Benzin durchgelassen (ja, ich bin Teil des Problems!)

Ich habe es in einem Beitrag schon einmal erwaehnt. Auch wenn es jetzt auf das Ende meiner Reise zugeht werde ich (noch) nicht traurig sondern freue mich darauf und auch auf alles was dahinter liegt. Das Idealisieren Deutschlands ist im vollen Gange und ich habe Schwung und Motivation mich wieder vom Gegenteil ueberzeugen zu lassen.

Athmossphaerische Gasse in Cartagena:

P.S:: An alle meine Helfer und Unterstuetzer: Eine paar Schlucke meines Porsche-Coctails gingen auch auf euch. Eure Hilfe habe ich nicht vergessen! Vielen Dank dafuer. (Auch fuer die alltaeglichen kleinen Dinge!)


Antworten

  1. Jetzt aber mal Schluss mit diesem romantisierenden Fazit! Gerade mal die Halbzeit geschafft und gedanklich schon fast auf dem Heimflug, nicht zu fassen. Und um dem Romantisieren Deutschlands entgegenzuwirken, empfehle ich mal den gelegentlichen Besuch auf dieser Seite hier; https://www.faz.net

    Viel Spaß euch beiden noch! Und im nächsten Eintrag erwarte ich die Antwort auf die Frage, die sich jetzt bei allen treuen Lesern unweigerlich gebildet hat: was war bequemer – hinten auf der XT oder mitten auf der Kanone?

  2. Na super, gestern Nacht habe ich noch einen hervorragenden, gerade auch intellektuell anregenden Kommentar verfasst und heute muss ich sehen, dass der gar nicht hochgeladen wurde. Ein herber Verlust für den Blog und für alle potentiellen Leser. Nochmal tippen is nich weil man solche Geniestreiche nicht nach Belieben produzieren kann.
    Grummel…

  3. lieber kosta,
    es war eine durchaus clevere entscheidung, mir deinen blog auf einmal reinzuziehen. wie bei serien, wenn man sich eine staffel auf dvd kauft. und wie bei einer guten serie (grey’s anatomy z.b. hahaha) hab ich auch hier nicht genug kriegen können: nurnoch ein eintrag! und noch einer! jetzt aber wirklich der letzte für heute! – und alles geschafft..! habe jetzt leichten overkill und das gefühl, ebenfalls in cartagena zu sein. wenn ich morgen früh aufwache, dann sicher auf einer xt600 in einem wasserloch am strand santa martas oder so.
    ist es eigentlich auch romantisch, zu zweit auf der kleinen maschine umherzufahren oder eher strapaziös?
    und habt ihr euch in kolumbien schon eine shakira-cd und kokain gekauft? wie kann man bestmöglich ansprüche auf eine kleine postkarte aus kolumbien geltend machen?

    auf jeden fall könnt ihr euch meines neids sicher sein und wenn nicht bald die nächste folge rauskommt, dann könnt ihr was erleben! 😉

    genießt die weitere zeit und macht fotos (die ihr dann besser nicht ins meer schmeißt sondern hierher) und berichtet weiter ausführlichst! es ist so schön, zwischen den ganzen hausarbeiten hier im lahmen leipzig etwas von der anderen seite der welt miterleben zu dürfen.

    hasta la vista 😀
    anne.

  4. Moin Moin Kosta…und Kristin
    Ich weiß nicht wovon Alex spricht, aber was er eigentlich sagen wollte ist, das wir alle neidisch sind. Manche mehr manche weniger (ich bin immer bei den mehr, fast immer. Besonders in dieser sch*** Prüfungsphase) Davon mal mal abgesehen, spielt das Wetter einmal mit, es regnet 🙂 da fällt das Lernen nihct ganz so schwer. Und endlich kam der ersehnte Beitrag bezüglich der Gastronomie. Ameisen. Fett. Na wahrscheinlich nicht Fett, sondern Protein! Egal. Hab mir nun ein Ziel gesteckt. Bei Süd Argentienien (inklusive Patagonien) bin ich dabei.

    Gruß

    Julius


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